Folglich fair kaufen

Das ist nicht fair! Fast kaum ein Morgen vergeht, an dem nicht Nutella auf’s Brot kommt. Totalitär und mit absoluter Nichtberücksichtigung von Wurst, Käse oder sonstiger Brotbeläge beginnt so jedes Frühstück. Nun gut, fast jedes Frühstück. Doch das unfaire an meiner Schokocreme ist nicht ihr Monopol am Morgen. Das unfaire ist ihre Herstellung. Zumindest muss ich das aus dem fehlenden Fairtrade-Zertifikat schließen.
Das ist nicht fair! Ich danke im Gebet Gott für mein Frühstück, mein Nutella Brot, den Tag und dass es mir gut geht. Doch in letzter Zeit geht es mir nicht mehr gut dabei. Gott danken und dabei wissen, dass es jemand anderen nicht gut geht, weil er kaum Lohn für seine Arbeit bekommt, ein arbeitendes Kind ist oder für mein Produkt seine Gesundheit aufs Spiel setzt. (Sieh dir dazu das Doku-Video an.)

Nein, ein Fasten, das mir gefällt, ist so: Löst die Fesseln der Ungerechtigkeit, knotet die Jochstricke auf, gebt Misshandelten die Freiheit,schafft jede Art von Unterdrückung ab!

Jesaja 58,6

Nochmal Glück gehabt schmunzle ich im ersten Moment. Fasten geht auch anders. Doch verstehe ich den Vers für mich und mein Brotaufstrich so: der importierte Kakao aus Afrika meines Frühstückaufstrichs muss frei von jeglicher Unterdrückung im Glas landen. Arbeiter, auf der Plantage oder in der Fabrik sollen gerecht behandelt werden. Das äußert sich nicht nur im Lohn sondern auch in den Umständen. U.a. das Kinderarbeit nicht stattfindet. Ferrero schafft das erst bis 2022 zu garantieren. Schade, dabei bietet sich der Firmenname geradewegs an: Fair-ero.

Vom finden eines fairen Produktes

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Als rücksichtsvoller Erdenbürger, in der westlichen Welt lebend und Christ möchte ich meine Mitmenschen nicht weiter solange (passiv) ausbeuten. Nicht immer nur an mich denken oder egoistisch sein. Ich habe vor jetzt zu handeln. Dabei ein Produkt zu finden, bei dem es garantiert gerechter zugeht und damit hoffentlich eine Lawine auszulösen, sodass keiner mehr unfaire Schokolade kauft. OK, der Gedanke erscheint etwas utopisch, aber genau aus diesem Grund schau’ ich mich um und finde sogar im Discounter Alternativen: Bionella. Sehr femininer Name, mit echter natürlicher Vanille, dem EU/Nicht-EU Bio-Landwirtschaftssiegel drauf und schmecken tut sie auch noch. Das meint auch mein WG-Kollege, der nicht vom Nutella-Monopol infiziert ist und des Öfteren auch zum Frühstück Wurst ist. Das besondere an Bionella ist, dass der Hersteller schon auf dem Etikett mit einer fairen Herstellung wirbt. Selbst auf der Produktwebsite ist es Thema. Doch das Fairtrade-Siegel finde ich bis dato nicht auf dem Glas. Nur ein firmeneigenes Alternativzeichen (“Hand in Hand”), das auch viel verspricht. Zugegeben, die TransFair-Standarts sind hoch, aber als Endverbraucher profitiere ich eben davon, sodass ich mich zusätzlich anhand des Fairtrade-Codes über alle Teilnehmer der Herstellerkette detailiert informieren kann: Die Situation am Ursprungsort, gerechte Herstellbedingungen, nachhaltiges Umwelthandeln, Transparenz und eine zusätzliche Prämie für Soziales, Infrastruktur und Bildung. All das finde ich auch auf dieser Website und dafür steht Fairtrade.
Ich suche weiter und gehe zum ersten mal im Leben in einen der aufsprießenden Bioläden. Diesmal spricht mich ein großes Glas namens Bio Cocoba von der GEPA an. Ohne dem gewünschten Siegel, aber mit “Fair for Friends” Etikett. Die Schokocréme gibt es im übrigen auch im KONSUM und verspricht bei dem hohen Preis hoffentlich einen guten Geschmack – es schmeckt zumindest nicht wie nutella, Geschmackssache eben. Weitere Test-Produkte aus Drogeriemärkten, Reformhaus, REWE,… folgen. Mal mit dem bekannten Siegel, mal ohne. Das macht es für mich dann doch kompliziert, denn alle schreiben etwas von fair. Doch warum haben sie nicht das Logo drauf? Die GEPA schreibt daraufhin:

Die GEPA ist eine 100% Fair-Handels-Organisation – und ein 100% Fair-Händler bezieht grundsätzlich alle Produkte nach Kriterien des Fairen Handels. Das bedeutet: Wenn ein Produkt das Logo von GEPA, dwp, BanaFair oder El Puente trägt, ist es immer fair gehandelt.
Zahlreiche Produkte können zusätzlich das Fairtrade-Siegel von FLO e.V. tragen – müssen sie aber nicht. Für manche Produktgruppen gibt es keine Siegelkriterien von FLO. Und ohne Standards und Kriterien kann kein Siegel vergeben werden.

GEPA

Zusätzlich sollte man wissen, dass für das Tragen des Fairtrade-Siegel eine Lizenzgebühr fällig ist. Für ein Kilo Schokoladenaufstrich macht das 0,16€ an Gebühren. Ist das Fehlen also Preisstrategie? Ich denke nicht, denn die fairen Produkte ohne Siegel sind zumindest die teuersten meines Sortiments und die mit Siegel dagegen die günstigen. Was ist dann die Ursache?
In meiner Recherche finde ich heraus, dass für Mischprodukte seit Juli 2011 ein Mindestgehalt von 20% fair gehandelter Produkte verarbeitet werden muss. Zuvor waren es 50%. Zusätzlich gilt. Was es fair gibt bzw. als fair zertifiziert ist, muss auch verarbeitet werden. Daraus schließe ich, dass in der günstigen Supermarkt-Fairtrade-Schokocreme fairer Kakao und Zucker ist, allerdings bei der Milch der Einkaufspreis gemindert wird. Doch wo beginnt dann der Fairnessgedanke eigentlich?

[tab headline=”Was ist der Mengenausgleich?”]

Ich informiere mich mit einer neuen App über meinen neuen Schokoladenaufstrich. Auf der Website lese ich vom Fairtrade Mengenausgleich. Was bedeutet das schon wieder? Haben die gepanscht? Wurde ich da etwa reingelegt? Ganz ruhig… denn es gibt eine beruhigende Erklärung.
Einer der Fairtrade Standarts fordert seit 2009 die physische Rückverfolgbarkeit aller Produkte der Warenkette. Dafür ist es notwendig diese von Nicht-Fairtrade Produkten separat zu kennzeichnen, zu lagern und zu verarbeiten. Nicht nur ein Sticker auf Bananen sondern auch der Lieferschein zeugt davon. Bei der Einführung des strikten Standarts wurde aber auch deutlich, dass die physische Rückverfolgbarkeit für manche Produzententeilnehmer nicht mögliche sein würde, ohne dass sie einen Nachteil oder sogar einen Marktauschluss zur Folge hätte. Das wäre dann der Fall wenn kleinere Agrarorganisationen zu wenige Charge für eine Fabrik liefern würden. Der Mengenausgleich legitimiert nun einzelne Teilnehmer der Prozesskette dazu auf befristete Zeit auf die physische Rückverfolgbarkeit zu verzichten, bis diese wieder gegeben ist. Er ist also eine Ausnahmeregelung um Schaden abzuwenden. Verglichen mit Bio-Standards soll mit Fairtrade-Standards vor allem wirtschaftliche und soziale Kriterien gesichert werdenenthalten – denn bei Fairtrade geht es um die Verbesserung der Lebensverhältnisse, nicht nur um die Anbauweise und Weiterverarbeitung.
Generell findet man den Mengenausgleich nur bei den Produktgruppen Tee, Zucker, Fruchtsäften und eben dem Kakao meiner süßen Schokocreme.

Mengenausgleich bei Orangensaft

Bei meinen Orangensaft am Morgen hat der Mengenausgleich folgende Bedeutung. Ein Kleinbauer erntet in seiner Plantage Orangen. Aber diese müssen innerhalb kürzester Zeit weiterverarbeitet werden. Eine nahegelegene Fabrik verarbeitet am Tag 700t dieser Südfrüchte, sodass sie neben den knapp 3t Orangen der Fairtradeplantage eben noch einige von anderen Bauern annimmt und zu Saft presst. Zwangsläufig werden die Orangen mit Nicht-Fairtrade-Orangen vermischt, denn aus technischen Gründen ist ein Separieren nicht möglich oder für die Fabrik unwirtschaftlich. Wenn auch für diesen Fall eine physische Rückverfolgbarkeit verlangt würde, könnten die Kleinbauern aber ihre Orangen nicht mehr unter Fairtrade-Bedingungen verkaufen. Aus diesem Grund hat Fairtrade entschieden auf die physische Rückverfolgung der einzelnen Orange zunächst für einen befristen Zeitraum zu verzichten.

Warum eigentlich fair kaufen?

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“Der Mensch herrsche über die Natur” schreibt die Bibel. Doch was heißt herrschen? Es sich gut gehen lassen? Alles dient zur eigenen Freude. Ein kleiner König sein. Fürstlich führen. Denkpause.
Heißt führen nicht auch vorangehen? Herrschen kann zur Ausbeutung und Knechtung von Natur und Menschen führen oder aber ein Umsorgen, mit Nachhaltigkeit leben zur Folge haben. Eben beim Einkauf den Fairnessgedanken leben. Jesus spricht in Matthäus 25, 33-44 einmal von den verborgenen Handlungen gegenüber ihm, weil wir Schwachen, Hungrigen, Kranken,… helfen:

Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich gekleidet? Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

Matthäus 25,37-40

Vielleicht kann durch das auf faire Produkte achten so ein Teil des praktischen christlichen Glaubens sein. Nächstenliebe und das füreinander da sein, lokal und global. Rücksicht auf Mitmensch und Natur. Mit der neuen Schokocreme gewissermaßen schon am Frühstückstisch Jesus lieben.
Ich erfahre durch den Fairtrade-Code “3862005” auf meinem Produkt, dass die Kooperativen die den Kakao in mein Glas beigesteuert haben, ursprünglich durch den peruanischen Rebellen-Krieg arg gebeutelt waren. Armut, Terrorismus, Kriminalität und Drogenhandel prägen noch heute das Gebiet. Oftmals zählt die Kultivierung von Kokain zu den Haupteinkünften der Bauern. Auch durch Fairtrade kann vor Ort ein friedensstiftender Gegenpol gesetzt werden, indem Kaffee und Kakao angebaut wird, welcher dann nicht von großkonzerngesteuerten Preisen billig exportiert wird, sondern zu einem fairen lohnenswerten Preis. Somit geht ein gewisser Geldbetrag der teureren Schokolade in jene Projekte, sodass Frauen und Männer gleiche Löhne bekommen, sie ihre Kinder in eine schulische Ausbildung bringen können oder die Kooperative sogar eine eigene Schokoladenfabrik baut.
Da ich nun weiß wo der Kakao wirklich herkommt, schmeckt es doch gleich viel besser und ich kann auch Gott dafür preisen.
 
Persönlich finde ich es gut sein Lebensmittelhaushalt nachhaltig zu gestalten. Ich fange klein an und kaufe manche Produkte nur noch fair gehandelt oder regional produziert. Das viele der Waren auch noch Bio sind, macht es für den ein oder anderen noch interessanter. Glücklicherweise haben vor mir schon einige Verbraucher dafür gekämpft, sodass man inzwischen oft in Discounter diese Produkte findet.


Zum weiterlesen

  • http://www.nachhaltig-einkaufen.de/
  • http://www.fairtrade-deutschland.de/
  • http://www.fairtrade.de/cms/media/pdf/FAIRTRADE-Zertifizierungssystem_im_Detail.pdf
  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft – http://www.bmel.de/
  • Fair Trade Company – Http://www.gepa.de
  • http://www.oeko-fair.de/
  • Label bzw .Siegel auf Produkten – http://label-online.de/produktlabel/
  • Worauf kann man bei der Verpackung achten – http://www.verpackungsbarometer.de/

One Reply to “Folglich fair kaufen”

  1. Die Gepa hat beispielhaft eine Preiskalkulation für eine ihrer Tafelschokoladen veröffentlicht. Ein Weltmarktvergleich zeigt: Man sieht was ankommt und was nicht. http://www.gepa.de/fileadmin/user_upload/Info/Produktinfo/Musterkalkulation/2014-09-Musterkalkulation-Schokolade-Vollmilch-Pur-37.pdf

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